#1

Die Reise zum Feste der Drachen

in Gemeinsame Reiseabschnitte 03.07.2017 16:07
von chicherichi • Engelsgesicht | 237 Beiträge

Ein sehr leichter Regen fällt vom Himmel herab. Die Luft ist warm, die Tropfen sind kalt, treffen Kettlin im Gesicht und rollen langsam an ihr runter. Für sie ist das eine willkommene Abkühlung. Hitze konnte sie noch nie sehr gut vertragen, doch mit dem immer näher kommenden Feste der Drachen steigen auch die Temperaturen der Luft weiter an.
Sie liegt auf dem Boden wenige Schritte von ihrem Lagerfeuer entfernt, ihr Rucksack unter ihrem Kopf und schaut in den Himmel. In die sich ständig verändernden Wolken. Angestrengt versucht sie den anderen zu lauschen, doch ihre Gedanken driften immer wieder ab.
Schwängel hackt am angrenzenden Wald Holz. Jori, Fred und Lia sitzen am Feuer. Gemeinsam sind sie dabei etwas fürs Abendessen zu kochen, währenddessen reden sie miteinander.
Kettlin hört irgendwas von "Kampfübungen", doch richtig beim Gespräch bleiben kann sie nicht.
Der Regen erinnert sie an einen Tag in ihrer Heimat. Nicht ihre neue Heimat, die sie in Oxenfurt gefunden hatte, sondern die, woher sie stammte. Cintra.
Zu einer Zeit, in der das Leben noch relativ sorglos war. In der ihre Familie noch lebte und ihr größtes Problem war, dass der Nachtisch, den es selten nach dem Abendessen gab, nicht schmeckte.
Dieser eine Tag, an dem es auch so leicht regnete und sie sich auf den Weg machte zu einem einsamen Baum an dessen stärksten Ast eine Schaukel hing. Sie schaukelte immer höher und höher und sie fühlte sich frei. So frei wie niemals wieder.
Das ist alles. An mehr kann sie sich nicht erinnern, doch sie behütet diese Erinnerung als wäre es ihr größter Schatz. Heute hängen an diesem Baum wahrscheinlich die Leichen der sich wehrenden Dorfbewohner.
Doch die Gedanken daran verdrängt sie. Ihre Augen schließen sich und sie beginnt konzentriert dem Gespräch der anderen zu zuhören.


Er sah sie und dann Volta.
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#2

RE: Die Reise zum Feste der Drachen

in Gemeinsame Reiseabschnitte 03.07.2017 23:46
von Jori Brox • Messer-Frettchen | 608 Beiträge

Jori verlagert nervös das Gewicht von einem Afterballen zu dem anderen. Der vom Regen glitschige Stein, auf den er sich zu bequemen sucht, ist in etwa so weich und komfortabel wie der kalte Boden eines Wigwintlinger Verlieses bei dem Gedanken, dass einem beim grauenden Morgen die Hände mit einem rostigen Beil entfernt und zum Fraße der Sumpfkrähen auf einen angespitzten Ast vor dem Haus deiner Eltern aufgestellt werden.
Verstohlen wandert sein Blick unter der regentropfenden Hutkrempe von einem zum anderen, während er mit nicht wenig monotoner Unlust die Haut eines Erdapfels schnitzte. Lia arbeitet mit gewohnter Emsigkeit dem Gedeih eines Abendessens hinzu, das ein Rottzbrokker Kleinbauer wahrscheinlich als prächtig empfände, wenn sein Wortschatz überhaupt so ein mit Positivem behaftetes Wort führte. Aus Schwängels Richtung erklingt noch immer das Geräusch eines regelmäßig fallenden Axtkopfes. Fred stochert im Feuer und verteidigt es mit redanischer Beharrlichkeit gegen den Ansturm des kalten Nass, das der Himmel zunehmend wie einen Eimer Pisse über den Reisegefährten ausleert. Kettlin... Kettlin ist etwas abseits und hält das Gewand weibischer Undurchsichtigkeit ihrem Ausdruck vor.
"In der Malocher Miliz, da gab es so etwas wie eine Kampfausbildung nicht. Die Offiziere waren teilweise Ritter der Fürsten, teilweise Söldner aus dem Norden, und haben sich nicht darum geschert, dass sie die einzigen mit einer Ausbildung an der Klinge waren. Hurensöhne." Jori spuckt ins Feuer aus. "Kampfübungen wäre ich also nicht abgeneigt, die einzige Alternative scheint mir auch, diese Reise mit Glutgestarre zu verbringen." Er wirft einen skeptischen Blick Richtung Himmel. "Wenn es dafür noch genug Glut gibt." Lauter und mit etwas angerauter Stimme fragt er in die Runde: "Hat eigentlich irgendwer noch Schnaps!?"


Was glotzt'n so??!

zuletzt bearbeitet 03.07.2017 23:47 | nach oben springen

#3

RE: Die Reise zum Feste der Drachen

in Gemeinsame Reiseabschnitte 04.07.2017 02:15
von Schwängel • Marianne | 347 Beiträge

Einzelne Fasern spannten sich, ineinander greifend, umeinander geschlungen, nicht zugleich, sondern nacheinander, einer undurchsichtigen Ordnung folgend, dabei vollkommen und chaotisch. Eine Woge der Spannung rollte durch seinen Körper, begann in seinen Beinen, nein, tiefer, in den Sohlen seiner Füße, oder gar bereits im Erdreich? Sie setzte ihren Weg fort und beugte das Knie, das störrische Gelenk, welches sich nur ungern unterwarf, doch jetzt fügte es sich willig in den gemeinsamen Fluss der Bewegung. Weiter hinauf zur Hüfte, nicht einen Augenblick verharrend, jeden einzelnen Wirbel hinauf jagend gewann der Ruck an Intensität. Er schwoll an, glitt über das Schultergelenk, passierte den Punkt ab dem es kein Zurück gab, etwa auf Höhe des Nackens und strömte durch die Oberarme. Ein gemeinsamer Impuls in beiden Armen, ein Verhärten von weichem Gewebe, ein sanftes Knirschen von Leder, welches von Sehnen und Knochen fest an Holz gepresst wurde. Es folgte ein besonders bewusster Atemzug, der Geschmack von Harz und nassem Laub stieg ihm in den Rachen und dann ließ er sämtliche Kontrolle in einen Akt der Intuition gipfeln. Zwei Pfund Stahl zogen einen Bogen, beginnend zwischen seinen Schulterblättern, vorbei an seinem Scheitel und anschließend in fast freiem Fall, nur leicht in Richtung und Fallgeschwindigkeit justiertem Flug, sausten sie herab. Stöhnend, aufbegehrend, ächzend gab das hölzerne Fleisch nach und machte Platz für den Stahl, vom Menschen getrieben um des Baumes habhaft zu werden.
Von alledem bekam Schwängel nur am äußersten Rande seiner Wahrnehmung etwas mit. Für ihn war dieser Bewegungsablauf derart alltäglich, er könnte schwören, dass er ihn genauso beherrschte, sollte man ihn blenden, betrunken machen und mitten in der Nacht eine Axt in die Hand drücken. Zumindest würde er das jedem erzählen der es hören wollte. Und prompt jedem beweisen der es anzuzweifeln wagte. Aufgrund der eingespielten Bewegung stolperten Schwängels Gedanken weit weg von Axt und Ast. E erfreute sich an der Ausdauer und er genoss die Kraft, die langsam in seinen Körper zurückkehrte. Er ruckelte den Axtkopf aus dem Holz, es wehrte sich und wollte ihm das Spaltgerät nicht freiwillig zurückgeben. Seine letzte Reise nach Sethos hatte ihm recht übel mitgespielt. In Westfurth hatten seine Freunde und Weggefährten ganz unverhohlen seine magere Statur bemerkt. Erneut hob er das Werkzeug an und ließ es auf Höhe seiner Schulterblätter kurz verharren. Er hatte ihnen verschwiegen, dass er nur einen ganzen Monat zuvor für mehrere Tage in ein Fass gesperrt worden war. Ein gewöhnliches Bierfass, nur ohne Bier, dafür ihn enthaltend, eingezwängt und ohne ein Tröpfchen Wasser. Anfangs konnte er noch die Schweißperlen von seiner Oberlippe lecken, welche in regelmäßigen Abständen durch seine erfolglosen Versuche gegen das Holz aufzubegehren aus seinen Poren gedrückt wurden. Es hatte ihn einige Erschöpfung gekostet, bis er eingesehen hatte, dass er nur wertvolle Flüssigkeit vergeudete. Ob es nun Stunden, oder mehrere Tage gewesen waren, vermochte Schwängel überhaupt nicht einzuschätzen, es hatte sich wie Tage angefühlt, aber was hieß das schon? In diesem Fass hatte er einiges gesehen und gehört, geschmeckt und gerochen, hauptsächlich seine eigene Pisse, aber auch Dinge die gar nicht sein konnten. Er war zwischendurch der festen Überzeugung gewesen und nicht einmal der graue Avatar, barbusig und mit purer, tropfender Lüsternheit als Gesichtsverzierung hätte ihn eines Besseren belehren können, dass schillernde Würmchen sich in Scharen durch die Wand des Fasses fraßen und ihm langsam, aber sicher den Blick auf Sethos Küste im Sonnenaufgang freilegten. Er hatte Bratensauce gerochen, mit Preiselbeeren und Trockenobst angemacht und er hatte Abertausende von Maden, auf jedem Fleckchen seiner Haut gespürt, die sich langsam, ja geradezu genüsslich den Weg durch jede einzelne Schicht wühlten, nur um durch seine Adern und Arterien in jeden Winkel seines Körpers zu kriechen und ihn zu verzehren. Stück für Stück, Bissen für Bissen. In seinen Innereien, sie fraßen sich durch seinen Magen, nisteten in seinem Hirn um ihre Nachkommen wieder auszusenden seine Zunge zu zernagen. Hätte er tatsächlich durch die Fasswand blicken können, dann wäre ihm das Dunkel des Fasses wahrscheinlich trostvoll erschienen. Das Fass stand in einer Zelle, einer nassen, schimmligen Zelle, in der es genauso nach Schweiß und Pisse stank wie in Schwängels Fass. Nur dass sich der Geruch von Verwesung darunter mischte. Seine Ohren beherbergten den einzigen Sinn der ihm nicht den Dienst verwehrte, leider. In dem Verließ in dem er sich befand, röchelten, spuckten, stöhnten, schrien, husteten, kreischten, flehten, kratzten, keuchten, kotzten, siechten und starben noch Dutzende neben ihm her. Unter anderem, nur wenige Fuß von ihm entfernt, Else… seine Gedanken rissen ihn manchmal mit. Doch sobald sich die losen, substanzlosen Schleier zu Elses Gesicht verdichteten, blass, wächsern, dünn wie billiges Pergament, zuckte Schwängel zusammen und der Axtkopf trieb eine weitere, tiefe Wunde in den Ast. Er brach.


Hilf dir selbst, dann hilft dir Phex!
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#4

RE: Die Reise zum Feste der Drachen

in Gemeinsame Reiseabschnitte 05.07.2017 22:35
von chicherichi • Engelsgesicht | 237 Beiträge

"Hat eigentlich irgendwer noch Schnaps!?" Kettlins Augen öffnen sich und sie kommt nicht drum herum sich ein Grinsen verkneifen zu müssen. Ja, sie hatte das Gesocks vermisst. Und obwohl Fred und Lia nicht wirklich weit weg von Ketts Wohnort umtriebig sind, sieht sie die beiden kaum öfter als den Rest dieser versprengten Bande.
Jetzt, gerade nach Augusts überraschendem Ableben, verspürt sie aber immer mehr das Bedürfnis für jegliche Situationen gewappnet zu sein und wer könnte ihr besser Jegliches beibringen als das Gesocks, von dem sie schon so viele andere Dinge gelernt hatte. Während Lia Jori eine Flasche ihres selbst gebrannten rüber reicht, bäumt sich Fred auf, stemmt eine Faust in seine Hüfte, zieht eine Augenbraue hoch und sagt "Du willst Kampfübungen? Die kannst du haben.". Zufriedenheit macht sich in Joris Gesicht breit während er einen großen Schluck Schnaps nimmt. Dann reicht er die Flasche zurück an Lia, legt Messer und Erdapfel beiseite, wischt sich die vom Dreck gebräunten Finger an seiner Hose ab und geht Fred hinterher, der sich bereits mit großen, entspannten Schritten in Richtung einer Freifläche in der Nähe des Feuers begibt. Ein leichter Wind weht durch die Spitzen der umliegenden Bäume und das rascheln der Blätter klingt als würden die Bäume der sich anbahnenden Vorstellung applaudieren wollen. Beide stehen sich gegenüber und verfallen erstmal in ein Gespräch, das Kettlin wegen der raschelnden Blätter nicht ganz hören kann, sich aber wohl um Techniken dreht, die sie jetzt üben wollen.
Sie setzt sich auf, wischt sich den Regen so gut es geht von ihrem Gesicht und beginnt gespannt die Beiden bei ihrem Treiben zu beobachten. Absprache, Bewegung, Absprache, Bewegung. Das ist was sie sieht. Und auch Schwängel kommt nicht drum herum seine Axt wegzulegen und sich letztendlich auch ins Gespräch einmischen zu wollen.


Er sah sie und dann Volta.
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#5

RE: Die Reise zum Feste der Drachen

in Gemeinsame Reiseabschnitte 17.07.2017 00:05
von Friedrich • Popel | 2 Beiträge

Friedrich ging mit zu Boden gerichteten Blick durch die kleine Baumgruppe und sammelte hier und dort eine Ast auf. Das stete schlagen der Axt wies ihm den weg zurück zum Lager. Seid sie aus Amaris aufgebrochen waren, hatten sie nicht viel erlebt. Doch das Ziel war klar: Aldradach, die Stadt der Drachen. Friedrich war schon mal dort gewesen, wenn auch mehr im Hafen der Stadt und nicht so sehr im kern derselben. Er blieb stehen und sah einen Augenblick den zerfetzen Wolken hinterher, dann ging er weiter Richtung lager.

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#6

RE: Die Reise zum Feste der Drachen

in Gemeinsame Reiseabschnitte 19.07.2017 00:07
von Schwängel • Marianne | 347 Beiträge

Die anschwellenden Stimmen von Jori und Dorfred rissen Schwängel aus seinen Gedanken. Wenngleich nirgends eine Prügelei herrschte lud sich die Luft verheißungsvoll auf, mit Erschütterungen, dumpfen Tönen und dem Geruch von Schweiß, jedoch nicht dem Schweiß der bei zu viel Hitze qualvoll aus den Poren presst, sondern der Schweiß, der sich durch Adrenalin genötigt sieht den Körper schleunigst zu evakuieren. Bei manchen Kämpfenden würde sich dieser Schweiß hervorragend zum Kühlen des Kämpfers eignen, in anderen seltenen Fällen jedoch hatten die Sterne etwas anderes vor mit den Körpersäften mancher Recken. Auf diese Weise Gesegnete verfügten über geradezu unnatürliche Fähigkeiten, irgendwo zwischen Alchemie und Magie. Jori war einer dieser Träger unwahrscheinlicher Mächte. Wenn Jori sich im Eifer des Gefechts ertüchtigte so bildete sein Schweiß einen dünnen Film auf seiner Haut, einer talgig-öligen Schmierschicht die Schwängel noch nirgends kopiert gesehen hat. Weder bei feinen Herrschaften die ihre Rüstung und Waffen in ölige Leinen einschlugen um sie auf Reisen zu transportieren, noch beim Magister Technicus in Sethos, der die Mechaniken für die Bühne im Kuriosum reparierte und gleitende Substanzen auf den Scharnieren auftrug. Joris Haut hatte in unerklärlicherweise die Fähigkeit binnen weniger Sekunden aalglatt zu werden. Nicht aalglatt wie Schwängel, wenn er um die Belohnung für einen Coup feilschte, sondern verflixt nochmal glatt wie ein fotziger Aal, der gerade durch den beschissenen Muttermund seiner verfluchten Ziegenhurenmutter rutscht!
Jeder Versuch ihn zu ergreifen musste notwendigerweise scheitern.
Diesen Schweiß roch Schwängel und grinsend warf er die Axt beiseite und folgte dem neuen olfaktorischen Fokus seiner Aufmerksamkeit.
Schlag folgte auf Parade, Zurechtweisung auf Fehler, Hämatom auf Unachtsamkeit. Einen kurzen Augenblick fragte sich Schwängel ob er die Worte die ihm gerade durch den Kopf gegangen waren an den beiden auslassen sollte, doch sie waren konzentiert und außerdem wusste Schwängel um Joris Abneigung gegenüber dem Übernatürlichen. Wenn Schwängel also beginnen würde seine Körperfunktionen mit magischem Firlefanz in einem Atemzug zu nennen, dann würde sicherlich, wie bei ihrer allerersten Begegnung, eine zum Werfen viel zu lange Waffe auf ihn zuflogen kommen.
Also zügelte er sich, wartete auf eine bessere Gelegenheit den Damm zu brechen und der sprudelnden Urgewalt seines Geschwafels freien Lauf zu lassen, er hatte sicherlich eine halbe Stunde herumgeaxt und dabei fein den Rand gehalten. Als die Finger mehr beiläufig als bewusst seine Taschen abtasteten, um etwas zu finden, dass ihm dabei behilflich sein könnte nicht auf der Stelle loszubrabbeln, stieß er auf allerlei Gerümpel. Eine leere Ampulle mit grünlichen Schlieren, die Reste eines Heiltrankes, ein volles Notizbuch von dem er sich noch nicht trennen konnte, vielleicht waren ja manche Informationen daraus noch nützlich, ein Stück Süßholz, die Finger seiner Rechten mussten kurz einen Umweg nehmen, um den Fund an seinen vorbestimmten Platz zu bugsieren, Schwängels Kauleiste, die Linke unterdessen suchte weiter, wie ein Lurch, ein blinder Lurch der sein Revier täglich ablief um Beute zu suchen, mit einer gewissen Vertrautheit, ohne jedoch die Gewissheit des sehenden Blicks, dieser hielt sich auf den Tanz vor seinen Augen konzentriert. Nun ja, Tanz mag ein wenig romantisierend klingen, natürlich folgten sie keiner Melodie, aber doch einem gewissen Rhythmus. Jorubert neigte mehr zur Defensive, eine Angewohnheit die er, ebenso wie seine Linkshändigkeit mit Schwängel teilte, vielleicht verstanden sie sich deshalb so gut in der Schlacht? Schwängel sinnierte kauend über vergangene Zeiten nach, während eine Hand nach wie vor in Beuteln stöberte, Riemen öffnete, in Taschen tauchte. Kurz verweilte sie an einem Samtbeutelchen gefüllt mit Tonscherben. Er entsann sich noch wie dürr Jori gewesen ist. Nichtmal der schulterbetonende Mantel hatte etwas an dieser Statur der Marke ungegossenem Spargelstrunk ändern können. Inzwischen füllte er nicht nur den Mantel zur Gänze aus, sondern er hatte sich einen Brustharnisch zugelegt und statt dem Rapier, wirbelte er mit einem Bastardschwert umher. „Er könnte sein eigener beschissener Vater sein!“ fuhr es Schwängel durch den Sinn, doch auch diesen Gedanken hielt er sicher verwahrt hinter seinem Sägewerk von Mundhöhle, welches das Süßholz stetig zerkleinerte.
Jäh aufgeschreckt durch einen Fund insistierte Schwängels linke Hand, ob seiner Aufmerksamkeit. Sie hatte seinen Flachmann entdeckt und während sie ihn zu Tage förderte konnte Schwängel nicht umhin seiner Rechten zu befehlen das Süßholz kurz zu halten um seine volle Artikulationsfertigkeit zun entfalten: „Weeerte Loooords, weeeeerte Laadyyyys! Hier umkreisen sich zwei edle Recken, die besten ihres Schlages, zu funkelndsten Scherben auf dem Tavernenboden! Zu Eurer Rechten, Dorfred Keppler, lasset Euch nicht lumpen, das schmucke Kleid ist nur Ablenkung, der schneidige Offiziert wirft mit Dreck, spuckt und verkauft seinen ungeborenen Erstgeborenen an den Gegner sollte es seine Gewinnchance steigern! Zumindest denke ich dass er noch keinen Bastard in diese Welt pflanzte… Möglich wäre es schon, war da nicht diese eine Vettel auf der Insel der Blauen, bei dieser Feierli- ach wie dem auch sei, werte Spectatores! Wenn juckt es ob irgendwo ein kleiner Winzfred an der Titte einer verblühten Dirne nuckelt? Viel spannender ist doch wer gleich an seinem Buckler nuckeln wird! Jorubert Brox, gemeinhin auch als das Frettchen bekannt! Inzwischen mutet er mehr wie ein Marder an, oder ein Wolpertinger, jedenfalls etwas dickeres als ein drahtiges Frettchen. Vielleicht ein Dackel? Ein gepanzerter Wehrdackel, genau! Werte Damen und Herren lasst Euch das nicht entgehen, die Schlacht zwischen dem eventuellvaternden Offizier und dem Wehrdackel! Dem Sieger obliegt die Ehre diesen Schnappes sein eigen nennen zu dürfen!“ Immer wieder musste Schwängel seine Lippen befeuchten und gegen die Abendsonne konnte er den feinen Sprühnebel erkennen den er bei manchen Worten wie „Spectatores“ erzeugte.
Frenetisch wackelte Schwängel mit dem Flachmann hin und her und feuerte die beiden Freunde nach Herzenslaune an.

Einige Minuten später saßen sie mit glühenden Wangen und schelmischem Grinsen am Lagerfeuer. Der Schnapps kreiste und es war herzlich egal wer ihn eigentlich gewonnen hatte. Alkohol teilten sie, genauso wie sie das Zuberwasser teilten, wahrscheinlich würden sie sogar allesamt zugleich an der Krätze krepieren wenn sie Pech hatten. Zum Ersten Mal reiste Friedrich mit Ihnen. Der Landsknecht war unanständig schnell an ihre Herzen gewachsen, wie eine Zecke hatte er sich festgebissen und man ließ ihn gern gewähren. Für gewöhnlich hielten sie alle Rat ab bevor sie jemanden ins Gesocks aufnahmen und alle mussten sich geäußert haben, Schwängel jedoch nahm es als Zwinkern der Götter, dass ihre Mannstärke just dezimiert wurde und sich im nächsten Wimpernschlag ein würdiger Kerl präsentierte und der Suff der zu Augusts Abschied gereichte Friedrich endgültig in ihre Reihen einkorkte. In all dem Trubel und der Trauer und der Tollwütigkeit der Trunkenheit hatten sie jedoch eine Sache bisher versäumt. Sie hatten Friedrich vertellt, dass sie gemeinsam zum Fest der Drachen reisen würden und er hatte mit den Schultern gezuckt und nach der Richtung gefragt.
Schwängel kaute nach wie vor an dem faserigen Stück Süßholz, seine Hände beschäftigte er damit einen Pfeifenkopf zu stopfen. Manch einer hätte behauptet, dass Tabakrauch und Süßholzgeschmack zusammenpassten wie Räucherspeck und morgendlicher Getreidebrei. Doch Schwängel hätte diesen kulinarischen Feiglingen keinen Funken seiner Aufmerksamkeit geschenkt. Aus dem Tabakbeutel fingerte er immer mehr trockene Blätter und stopfte sie mithilfe eines kleinen Metallgeräts tief in den verzierten Pfeifenkopf. Von der Menge Tabak hätten sich Jarrko und Fred wahrscheinlich eine Handvoll Kräuterstängel drehen können, aber Schwängel machte das nichts. Der Tabak wurde ohnehin zu schnell trocken und sicher wollte August mitrauchen.
„Mein lieber Friedrich! Du warst schonmal in den Drachenlanden nicht?“ Eine rhetorische Frage, eindeutig daran zu erkennen, dass Schwängel nicht mal die Stimme absetzte, oder Luft holte, sondern einfach weitersalbaderte. „Es wird Zeit, dass du allen infamen Drachen-in-den-Arsch-kriechenden Gelüsten abschwörst und deine Arme ausbreitest für die lukrativste, aufregendste und schlichtweg großartigste Zeit des Jahres. Sicherlich wird dir schon aufgefallen sein, dass wir abseits unserer abnormen Attraktivität und unseren bezaubernden Antlitzen, nicht zu vergessen unserer kolossalen Kampfkraft, auch noch über recht spezialisierte Fähigkeiten verfügen. Fertigkeiten und Kompetenzen, welche sich leider nur schwerlich in irgendwelchen Grenzposten, oder Schlachtzügen einsetzen lassen. Mit dem Gesocks bist du nicht einfach Teil einer losen Bande von Schlawinern geworden, nein, du hast deine Unterschrift, du kannst schreiben nehme ich an?-“ Fürwahr Schwängel vollbrachte es sogar die Grenzen der Grammatik zu sprengen und aus einem eingeschobenen Relativsatz eine Frage zu erschaffen, selbstnatürlich wieder einer Rhetorische. „ … unter einen Vertrag gesetzt, unter eine eidliche Erklärung die besagt Teil eines Mythos zu werden, eines Unternehmens, ja man könnte meinen es handle sich um einen kleinen Stadtstaat mit uns als obersten Adel, Schmiede und Bauern zugleich.“ Schwängel konnte nicht umhin Freds Augenrollen zu bemerken und so räusperte er sich kurz. „Nun ich bitte hiermit, nein ich fordere auf, dass mich bitte jeder der Anwesenden korrigiere und ergänze! In Aldradach sind die Möglichkeiten geballter, die Zeit sie fließt nicht dahin wie gewohnt, ja selbst wenn du im Bordell, sei es in Novigrad oder Bögenhafen, die saftigste und deinen Ansprüchen gerechteste Hure für eine Nacht mietest, könntest du nicht simulieren wie schnell die Zeit dahinsprintet in den Drachenlanden. Die Insel und ihre Bewohner sehen sich häufig nur diese eine, halbe Woche im Jahr und schöpfen aus dem Vollen mein lieber Friedrich. Es wird gefeilscht als gäbe es kein Gestern, gesoffen als gäbs kein Morgen und alle leben im einzig wahren heute. Dieses „Heute“ bläht sich auf volle vier Tage auf und fühlt sich aber wie einer an. Jeder kommt dem nach was er am besten kann, oder bildet sich weiter in Dingen die er noch nicht beherrscht, gerne aber würde. Von Alchemie bis Zauberei, meine liebes Frettchen kein Grund mit den Zähnen zu fletschen, das war nur ein reizendes Sinnbild um die Möglichkeiten von A bis Z zu spannen. Oder reizt dich das konkrete Kriegshandwerk? Ich kenne ein halbes Dutzend Herrführer, die brauchen stets und ständig Adjutanten, wenn wir ein gescheites Netz an Meldeboten aufbauen verdienen wir ins ne goldene Eichel! Oder willst du alles los und die Seele baumeln lassen? Für einen winzigen Obolus besorge ich dir Kräuter, die dich Farben schmecken und Gerüche Hören lassen, dazu eine holde Maid aus dem Vitalium oder der Hascherey? Oder aber es gelüstet dich mehr nach zwielichtigeren Machenschaften und dich reizen komplexe Aufträge, mit horrenden Honoraren? Schulungen, Vorträge, Ausbildungen bis hin zum Meuchelmord und dem Palisadenklettern, mein Bester! Sag einfach nach was dir ist! Friedrich in dieser Woche ist verdammt nochmal alles möglich und ich suche immernoch nach jemandem der mir das Gegenteil beweist. Ich, um ein bescheidenes Beispiel zu nennen, würde herzlichst gern einen Avataren vögeln, oder aber den Kommandanten der Stadtwache derart in meiner Schuld stehen lassen, dass ich ihn dazu bringen kann, dass er vor seiner ganzen Kompanie Liegestütze macht bis er heult, oder einmal den Golem Gassi führen, oh ja, ode-“. Schwängel hätte noch ganze Stunden weiterquasseln können, doch seine Ambitionen zurückschraubend senkte er die Stimme. Ihm gelang es nicht ein dramaturgisch sauberes Ende zu finden. „Oder die anderen erzählen mal ein paar Takte oder du spuckst mal aus was du so getrieben hast!“ Schwängel rümpfte die Ohren, selbstverständlich tat er das nicht wirklich, aber er würde wenn er könnte. Zügig nahm er sich einen Glimmspan um damit unbeholfen seine Pfeife anzufachen. Nach einem Augenblick der verkrampften Augenbrauen grinste er wieder, während er in die Runde blickte.


Hilf dir selbst, dann hilft dir Phex!
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#7

RE: Die Reise zum Feste der Drachen

in Gemeinsame Reiseabschnitte 22.07.2017 01:39
von Friedrich • Popel | 2 Beiträge

Friedrich lachte kurz auf. Er war tatsächlich schon zwei mal in aldradach gewesen. Und keinen dieser Besuche hatte er bereut. Auch und gerade weil diese Besuche sich bisher auf das Hafenviertel und das angeschlossene blaue Lager beschrenkt hatten, freute er sich, diese quirlig geschäftige Stadt nun zusammen mit dem Gesocks zu erleben. Der Wettstreit der Drachen, es klang immer noch lächerlich, war ihm nie wirklich zu eigen geworden. Klar hatte er die Schlachten miterlebt und manchen Hieb getan. Doch das Motiv war immer klingendes Kupfer gewesen. "Nun Schwengel, ich freue mich darauf eure einzigartigen Fähigkeiten erneut in Aktion sehen zu können. Es freut mich, dieses mal ohne einen dahergelaufenen Pfeffersack beschützen zu müssen, diese Stadt besuchen zu können. Und das auch noch in solch vortrefflicher Gesellschaft." Dazu hob er seinen Becher zum Prosit.
*arg Handykacke*

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